Heinz Schmidt lächelte immer wieder. Wäre sein TSV 1860 München an diesem Tag nicht in den Amateurfußball strafversetzt worden, hätte man annehmen müssen, dass der Vereins-Vizepräsident der "Löwen" einen glücklichen Freitag erlebt hat. Woher die scheinbare gute Laune kommen könnte, verriet sein Präsidiumskollege. "Jetzt fühle ich mich nicht mehr abhängig", sagte Hans Sitzberger am Abend bei einer Pressekonferenz in Richtung Investor Hasan Ismaik.
Der jordanische Geldgeber hatte sich zuvor geweigert, rund zehn Millionen Euro bereitzustellen, um 1860 nach dem sportlichen Abstieg aus der 2. Bundesliga die Lizenz für die 3. Liga zu ermöglichen. Der bei großen Teilen des Vereins verhasste Milliardär hatte damit das vorläufige Aus der Profimannschaft besiegelt. An ein Ende seines Engagements an der Grünwalder Straße denke er aber nicht - und auch nicht daran, seine Forderung aufzugeben, den Club umzustrukturieren.
"Scheiß auf den Scheich!"
Diesen Wunsch will er nun sogar vor Gericht durchsetzen. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Ich wollte das nie machen, aber jetzt werde ich gegen 50+1 klagen." Er meinte eine Regel im deutschen Fußball, wonach die Mehrheit an entscheidungsrelevanten Anteilen einer Fußballabteilung nie in Besitz eines Investors sein darf.
Die Reaktion ist drastisch und die Folge einer kuriosen Entwicklung vom Freitag. Denn just im Moment des tiefen Absturzes scheinen sich die "Löwen" gegen ihren Geldgeber aufzurichten. Etliche Fans hatten kurz nach Bekanntwerden der nicht mehr möglichen Drittliga-Lizenz auf dem Vereinsgelände "Scheiß auf den Scheich!"-Sprechchöre angestimmt. Am Abend erfuhren die zwei Vizepräsidenten Schmidt und Sitzberger dann moralische Unterstützung durch den Bayerischen Fußball-Verband in Person von BFV-Chef und DFB-Vizepräsident Rainer Koch.
Die Vereinsvertreter machten deutlich, dass die extrem devote Haltung gegenüber Ismaik der Vergangenheit angehöre. Das Präsidium habe dem Milliardär "sehr, sehr viele, eigentlich alle Freiheiten gelassen. Wir haben Entscheidungen mitgetragen fast bis zur Selbstverleugnung", sagte Schmidt. "Das würden wir künftig nicht mehr machen."
Deutlicher wurde Sitzberger: Wünsche wie zu Zweitliga-Zeiten, als der e.V. Ismaik noch sehr weit entgegengekommen war, "die werden nicht mehr erfüllt", kündigte er an und erklärte warum: In der Regionalliga sei 1860 nämlich finanziell nicht mehr abhängig vom Investor. "Jetzt können wir theoretisch diese Mannschaft selber bezahlen. Das Budget könnten wir selber stemmen. Wenn er wieder eine Forderung hätte, dann könnte man sagen: Ist in Ordnung, wird nicht erfüllt!"
Ismaik sollte Anteile verkaufen
Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche, Ismaik zu einem Verkauf der Anteile zu bewegen. Der Geschäftsmann aus Abu Dhabi dachte aber nicht daran. Ob das erzwungene Ende all seiner Bundesliga-Träume und die offenbar emanzipierteren Vereinsbosse daran etwas ändern?
Der Traditionsclub wurde in seiner neuen Taktik vom BFV ermutigt. Koch lobte ausdrücklich, dass sich Sitzberger und Schmidt gegen die Forderungen von Ismaik wehren. Dieser wollte erzwingen, dass der Verein an Einfluss auf den Geschäftsführer verliert und die komplette Jugendabteilung de facto unter seine Regie gestellt wird.
50+1-Regel gilt in allen Ligen
"Es geht in keiner Weise, dass der e.V. auf Rechte verzichtet", machte Koch deutlich. "Das würde von Seiten des BFV auf keinen Fall toleriert werden. Wer solche Forderungen stellt, hat keinen Platz in der Regionalliga Bayern." Die 50+1-Regel gelte übrigens in allen Ligen des BFV, ergänzte Koch. Nicht dass Ismaik noch auf die Idee komme, 1860 München in den Ligen noch weiter nach unten zu zwingen.
Hatten die "Löwen" am Freitagnachmittag noch ihre scheinbar schwärzeste Stunde erlebt, so stellte sich die Situation für den Unheilsbringer am Abend plötzlich wesentlich schlechter dar. Vizepräsident Sitzberger wurde dann noch gefragt, was er von einem Abgang Ismaiks halten würden. "Mir macht das nix aus", antwortete er.